Der Ghul

Ein Beitrag von Karin Reddemann

Shah Namah, the Persian Epic of the Kings
Shah Namah, the Persian Epic of the Kings

Ein Ghul sieht merkwürdig und vor allem scheußlich aus. Bleibt festzuhalten. Er riecht nach Verwesung und frisst traditionell Leichen. Das ist Gebot. War Gebot. Denn wie das nun mal so ist mit der Tradition, manchmal staubt sie, langweilt und braucht frischen Anreiz. In diesem Fall sind das die Lebenden. Der Ghul ist ergo auch ein Menschenfresser. Verbleibt die Frage, was so ein Ghul macht, wenn er grade nicht giert, auf der Jagd ist oder bereits frisst. Vorerst einmal dürfte er einfach nur mächtig Angst machen, wenn er denn vor Ort wäre.

Der Ur-Ghul/Ghoul, da von Haus aus ein grausamer Wüstengeist, finsteres Clanmitglied des uns zumindest flüchtig bekannten Leichengotts Mordiggian und grundsätzlich fest verwurzelt in persisch-arabischer Schauer-Kultur, ist aber hierzulande eher selten anzutreffen. Deshalb wurde für Brut gesorgt.

Pfeif nur, und ich komm' zu dir!

Pulp Matters

Seine Geistergeschichten veränderten das Genre wie ein galvanischer Schock. In seinem Universum - das ihn als erstklassigen Autor von Geistergeschichten berühmt gemacht hat - gibt es keine klaren Grenzen zwischen Gut und Böse, sondern einen Ort, in dem beide ineinander übergehen und sich vermischen, sich überschneiden und sich gegenseitig beeinflussen. Montague Rhodes James war zutiefst besorgt über die menschliche Korruption - sowohl in der Gesellschaft im Allgemeinen als auch in der Seele des Einzelnen - und dies kommt in seinen besten Geschichten auf erschreckende Weise zum Ausdruck. Die Besessenheit treibt seine Opfer dazu, sich von der Gesellschaft der Menschen zu entfernen und sich einem untoten, antiken Relikt oder Wissen zuzuwenden - einem Artefakt, das an einem windgepeitschten Strand gefunden wurde, einem Schatz, der in einem Klosterbrunnen versteckt ist, einem Buch mit einem geheimen Code, einem überwucherten Heckenlabyrinth mit einer düsteren Vergangenheit oder sogar einem gotischen Puppenhaus.

Es ist angerichtet!

Ein Beitrag von Karin Reddemann

Horror-Dinner

Ich habe diese sonderliche Sache von der jungen Frau gelesen, die ihre Zehen abschneidet, um sie zu essen. Genaugenommen isst sie nur die Hälfte, die verbleibenden fünf bietet sie guten Freunden an. Sie macht das nicht, weil sie dazu gezwungen wird. Oder einfach nur, krass und klar gesagt: Weil sie hungrig ist. Sie hat andere Gründe. Die spielen jetzt allerdings prinzipiell keine Rolle.

Entscheidend für mich ist an der ganzen bemerkenswerten Angelegenheit, dass ich, während ich das las, spontan dachte, dass an solch einem Zeh ja eh' nichts dran ist. Jedes noch so mickrige Hühnerbein ist da ergiebiger. Dachte ich und erschrak. Nicht unbedingt fürchterlich, dafür bin ich zu sehr Stammesschwester, aber immerhin recht eindrucksvoll. Innerlich schalt ich mich einen groben Klotz. Folter, Messer, Scheren, Rasierklingen, Beile, Qual und Blut...das war alles nicht auf meinem Bild zu sehen. Knochen, Sehnen, Schmerzen, Schreie, Ekel, Angst, Zorn, Unsinn, Schwachsinn, Irrsinn,Wahnsinn und noch mehr Blut...ist mir alles nicht eingefallen. Zumindest nicht sofort. Ich hatte einzig im Kopf, dass solch ein Zeh nicht sättigen kann. Auch nicht fünf.

Die drei ??? und der sprechende Totenkopf

Der sprechende Totenkopf
Wie auch immer es mit der Serie weitergeht, es ist schwer zu leugnen, dass der Schöpfer Robert Arthur Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews mit seinen zehn Drei-Detektive-Romanen einen großartigen Start hingelegt hat.

In ihren besten Momenten handelt es sich um wild erfundene Ermittlungen, die mit einigen sehr interessanten Wendungen in der Handlung aufwarten und sich als perfekter Einstieg für jeden jungen Menschen eignen, der aus seiner alltäglichen Langeweile herausgerissen werden möchte. Diese Serie hat immer wieder bewiesen, dass man mit ein wenig Kreativität und Einfallsreichtum, gepaart mit einer Prise Intelligenz, sehr, sehr weit kommen kann. Natürlich wird sie nicht jedermanns Geschmack treffen, und ich werde weiter unten auf die unterschiedlichen Qualitäten eingehen, aber ähnlich wie bei den Romanen von Agatha Christie, die von Das Haus an der Düne (1932) bis zu Auf doppelter Spur (1963) eine große Bandbreite an Exzellenz aufweisen, ist hier definitiv etwas für dich dabei, wenn du diese Art von Geschichten magst.

Arthurs zehnter und letzter Roman der Reihe beginnt damit, dass die Jungs auf einer Auktion einen alten Reisekoffer ersteigern - der Originaltitel The Mystery of the Auction Trunk (Das Geheimnis des Auktionskoffers) ist treffend, wenn auch nicht gerade aufregend - und von einer mysteriösen Dame sofort 30 Dollar geboten bekommen. Doch die Jungs wollen nicht verkaufen, und so zieht sie frustriert von dannen. Als sie mit ihrem Kauf zum Schrottplatz zurückkehren, stellen sie fest, dass die Truhe den Erwartungen entspricht: Wie auf dem Deckel versprochen, gehört sie einem Zauberer und enthält eine Menge Kostüme, einige magische Utensilien und den titelgebenden sprechenden Schädel:

Roanoke: Blutmond über der „Lost Colony“

Ein Beitrag von Karin Redemann

Es war eine Insel namens Roanoke, die zum Flüsterort wurde. Zu einer von jenen geheimnisvollen Stätten, die wir lieben, ohne jemals dort gewesen zu sein. Roanoke könnte auch in Atlantis oder auf der Venus liegen, wir kämen damit klar, dass die Reise lang, vielleicht unmöglich sein könnte. Vorstellbar ist sie, das genügt. Was einen dort erwarten würde, wäre bizarre Bilder wert. Vielleicht höllische. Vielleicht würden die Farben auch ernüchtern. Allemal, der Kopf will Mystik. Er bekommt sie. Der Flüsterort hat mit dem unheimlichen Verschwinden von Menschen zu tun.

Roanoke

Roanoke ist die legendäre "Lost Colony", 1585 von den Engländern im Namen der Krone gegründet, kurz darauf aufgrund von blutigen Fehden mit den aufgebrachten Indianern, - die sahen die Fremden auf ihrem Land nichts Gutes verheißen - , wieder aufgelöst und 1587 erneut besiedelt in primär nicht mehr militärischer, sondern ziviler, ergo eher friedlicher Absicht. So steht es denn geschrieben.

Genre ist kein schmutziges Wort

Ein Beitrag von Nicola Alter

Genre

Ich bin schon vielen Fantasy- und Science-Fiction-Autoren begegnet - auch berühmten und beliebten -, die auf die Frage nach ihrer Entscheidung, in diesem Genre zu schreiben, etwa Folgendes sagten:

"Ach, ich schreibe einfach, was ich schreibe, und jemand ordnet es später einem Genre zu, ich denke nicht darüber nach, in welchem Genre ich schreiben will". 

Oft wird zusätzlich impliziert, dass "Genre" ein Schimpfwort ist - ein Unterdrückungsinstrument von Verlagen und Buchhandlungen. Bücher werden durch diesen bösen Begriff "Genre" eingeengt und kategorisiert, und seine Autoren werden in die Schublade "Fantasy-Autoren" oder "Krimi-Autoren" gesteckt.

Ehrlich gesagt, verstehe ich das nicht. Ich liebe das Wort Genre.

Robert Arthur - Glauben Sie an Gespenster?

Buch der Geister & Spukhäuser
In der Sammlung "Das Buch der Geister & Spukhäuser" bei Festa erhältlich.

Es ist nur eine kleine Geschichte in einem großen Buch. „Nichts Besonderes“, könnte man meinen, und gleich zur nächsten weiterziehen. Doch es lohnt sich, hier kurz innezuhalten und genauer hinzusehen. Robert Arthur war ein Schriftsteller, dessen Werke viele gelesen haben, ohne seinen Namen zu kennen. Während seiner Lebenszeit blieb das volle Ausmaß seiner Karriere weitgehend unsichtbar – insbesondere in Deutschland. Dort gab es lange Zeit nur einen schmalen Erzählband: Die Geister, die ich rief, der 1970 im Boje-Verlag erschien und 2024 von Kosmos neu aufgelegt wurde. Erst im März 2025 folgt ein zweiter Band – wohl ein Zeichen dafür, dass die moderne Literatur zunehmend an Reiz verliert und Leser sich mehr und mehr als Schatzgräber vergangener Meisterwerke versuchen.